Jazz und Literatur

06.11.2007, 19:30 Uhr

Sondershausen
Stadtbliothek “Johann Karl Wezel“

Texte von Brigitte Reimann

Hedi Bialkowski – Rezitation
Christoph Theusner – g

in Kooperation mit der Stadtbibliothek
“Johann Karl Wezel“                 

”Jazz und Literatur“ fanden zueinander, gestaltet vom Gitarristen Christoph Theusner und der Rezitatorin und Sprachwissenschaftlerin Hedi Bialkowski. Sie las Texte von Brigitte Reimann, einer der ganz großen Literatinnen der DDR. Christoph Theusner ist nicht nur Spezialist für die musikalische Gestaltung literarischer Programme, er ist vielen auch bekannt als Gitarrist der legendären Band ”Bayon“.



Pressemitteilung

Jazz & Literatur trifft auf große Resonanz

Mehr als hundert Zuhörer füllten den Lesesaal der Sondershäuser Stadtbibliothek bis auf den letzten Platz als am Dienstag die Premiere von „Jazz & Literatur“ in Sondershausen stattfand. Der Jazz-Club und die Stadtbibliothek waren im Rahmen der Thüringer Jazzmeile eine Kooperation eingegangen und stellten gemeinsam Leben und Werk von Brigitte Reimann in den Mittelpunkt des Abends. Heidi Bialkowski hatte eine Auswahl nachdenklicher und aufwühlender Texte aus den Tagebüchern der Schriftstellerin zusammengestellt und es ist ihr in einem sehr einfühlsamen Vortrag gelungen, den zeitlosen Lebenshunger der Schriftstellerin und die Lebendigkeit ihrer offenherzigen Texte zu den Zuhörern zu transportieren. Für die musikalische Vertiefung der durchaus ambivalenten Stimmung sorgte Christoph Theusner, Mitbegründer der Band Bayon, mit fast symbiotischen Improvisationen.




Quelle:
 http://golm.rz.uni-potsdam.de/Germanistik/Reimann/Neubrandenburg/brigitte.jpg


”Es war einmal eine höchst lebendige Frau, die zweimal ein Studium begann, zweimal den Hochschulen entlief, aus Rebellion gegen ihre Herren Lehrer provisorisch Lehrerin wurde, während sie ihr erstes Buch schrieb, eine Menge Männergeschichten hatte, eine Menge Dummheiten beging – die sie bis heute nicht bereut – viermal heiratete, kein Kind wollte – was sie heute ein bißchen bereut –, weil sie Schreiben für wichtiger hielt, und die Kneipen und Luxusbars, Hinterhofwohnungen und die Villen der Prominenz kennenlernte; es war einmal eine Schriftstellerin, die zu früh und zu viel Erfolg hatte, manchmal hungerte und manchmal wahnsinnig viel Geld verdiente, einen Haufen Orden bekam und so ziemlich alle Literaturpreise, die hierzulande verliehen werden, an eine Große Sache glaubte und an einer Großen Sache zweifelte, sich nach fremden Ländern sehnte und nur die Nachbarschaft zu sehen bekam, Polen, Prag, Moskau – und allerdings das herrliche unvergeßliche Sibirien, Baikalsee und die Taiga, und die in jungen Jahren verhaftet wurde und eingesperrt werden sollte, und die zehn Jahre später am Tisch von Walter Ulbricht Abendbrot aß, mal ganz unten und mal ganz oben war, mit berühmten Malern und Literaten verkehrte und als Hilfsschlosser in der Brigade im Braunkohlenkombinat arbeitete – kurzum: es war einmal, und es war gut so, und auch das Schlimme und Dreckige war in seiner Art gut.”

1973, kurz vor ihrem frühen Tod, fasste Brigitte Reimann so ihr Leben zusammen. In ihrer Literatur spiegeln sich nicht nur die gängigen Themen einer typischen DDR-Biographie. Sie kann auch heute den Leser berühren, weil Brigitte Reimann von notwendiger innerer Emanzipation schreibt, ohne die alle äußere Emanzipation vergeblich bleibt. Ihr Lebenshunger ist zeitlos.

Gelegenheit, Brigitte Reimann wiederzuentdecken, haben die Sondershäuser bald. Die Rezitatorin Hedi Bialkowski hat eine Auswahl getroffe

Weitere Informationen zu Brigitte Reimann:
Studentisches Projekt des Instituts für Germanistik und der ZEIK der Universität Potsdam

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